Modernes Hedging mit antikem Zynismus
Was hat ein im Fass lebender Philosoph mit einem modernen Hedge Fund gemeinsam? Im Falle von Diogenes und Jim Chanos ist es der Zynismus. Ursprünglich trug Zynismus noch nicht die heutige, eher negative Bedeutung, sondern war eine Philosophie.
Ziel der ursprünglichen Zyniker im antiken Griechenland war, die kollektiven Illusionen der Gesellschaft zu hinterfragen und ein möglichst authentisches, ehrliches Leben zu führen. Deshalb lebte der berühmteste Zyniker, Diogenes, demonstrativ frei von allen gesellschaftlichen Konventionen in einem Fass auf dem Marktplatz.
Inspiriert von diesem ursprünglichen Zynismus gründete Jim Chanos seinen Hedge Fund Kynikos. Dem Grundsatz kollektive Illusionen aufzudecken folgend spezialisierte er sich auf Leerverkäufe von gehypten Unternehmen, die in Wahrheit aber so gut wie bankrott sind. So erlangte Chanos vor allem 2001 Berühmtheit, als er den Fall von Enron voraussagte. An dem jüngsten Wirecard-Skandal verdiente er 100 Millionen Dollar. Auch Tesla soll gemäss Chanos nichts wert sein, allerdings biss sich der Zyniker an dem Elektroautohersteller die Zähne aus – bis jetzt.
«Zynismus: Ein Ding zu betrachten, wie es wirklich ist, und nicht, wie es sein sollte.»
– Oscar Wilde